Die wesentlichen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen wurden nun durch die Projektleiterin Ute Ledebur, die gpa-Prüfenden Sabine Ewald und Felix Küttner sowie den Präsidenten der gpaNRW Michael Esken vorgestellt.
„Aktuell werden die finanziellen Handlungsspielräume der Kommunen kleiner. Die Gründe sehen wir jeden Abend in den Medien: Ukraine-Krieg, Inflation, Migration, Corona-Pandemie und wirtschaftliche Stagnation. Die Auswirkungen sind auch in Wickede (Ruhr) zu spüren.
Umso erfreulicher ist es, dass die Gemeinde Wickede (Ruhr) die vergangenen Jahre genutzt und die Gemeindefinanzen verbessert hat. Dennoch bleibt eine Fokussierung in diesen anspruchsvollen Zeiten allerdings unbedingt notwendig“, erklärt gpa-Präsident Michael Esken.
Im Fokus der Prüfung standen die Themenbereiche Finanzen, Vergabewesen, Informationstechnik (IT) an Schulen, ordnungsbehördliche Bestattungen und Friedhofswesen. „Der Gemeinde Wickede (Ruhr) gelingen im Betrachtungszeitraum 2016 bis 2021 durchweg positive Jahresergebnisse. Verantwortlich dafür sind die gute wirtschaftliche Entwicklung in Verbindung mit hohen Steuererträgen aber auch eigene Anstrengungen wie die Hebesatzerhöhungen und die Akquise von Fördermitteln. Das Eigenkapital wurde mit den Haushaltsüberschüssen um 12,7 Mio. Euro gestärkt. Das ist sachgerecht und zielführend für diese Gemeinde, denn im interkommunalen Vergleich ist die Eigenkapitalquote historisch gewachsen weiterhin unterdurchschnittlich - und insofern auch auch die Verschuldungsquote überdurchschnittlich ausgeprägt.“
Die erreichten Konsolidierungserfolge sichern und ausbauen sollte ein Handlungsleitfaden sein“, analysiert gpa-Prüfer Felix Küttner die Entwicklung der Gemeindefinanzen. Die Gemeinde plant in den kommenden Jahren mit Fehlbeträgen, die zwar durch die Ausgleichsrücklage („Sparstrumpf“) abgefedert werden können, aber auch zum kompletten Aufbrauchen dieser Rücklage führt. Das eigene Konsolidierungsmaßnahmen für den Bedarfsfall erarbeitet und umgesetzt werden, ist konsequent, so die gpaNRW. Das schließt Anpassungen von kommunalen Steuern an die Entwicklungen von Baukosten, Tariflöhnen und Umlagen ein, die sich in den Kommunalfinanzen besonders niederschlagen.“
Lob erhält die Gemeindeverwaltung für ihre regelmäßigen Informationen zur Haushaltssteuerung. „Somit kann früh- und rechtzeitig gegengesteuert werden, wenn Haushaltsziele gefährdet sind“, erläutert Felix Küttner.
Das Vergabewesen der Gemeinde an der Ruhr war ebenfalls Bestandteil der Prüfung. Die Gemeinde plant die Einrichtung einer zentralen Vergabestelle. „Aus Überzeugung bestärken wir alle Verantwortlichen darin, diese zentrale Vergabestelle einzurichten. Sie bündelt Fachwissen, fördert die Korruptionsprävention und steigert die Rechtssicherheit. Gegebenenfalls bietet sich zur Umsetzung die interkommunale Zusammenarbeit an“, skizziert gpa-Prüferin Sabine Ewald.
Wickede (Ruhr) sollte das Nachtragswesen zentral steuern, empfiehlt die gpaNRW.
Das Bewusstsein für die IT-Ausstattung von Schulen ist gerade durch die Corona-Pandemie nochmals gestiegen. Aber auch moderner Unterricht erfordert moderne Präsentations- und ITEndgeräte. „Die Gemeinde Wickede (Ruhr) ist in diesem Zukunftsfeld überwiegend gut aufgestellt. Sie steuert die Digitalisierung an ihren Schulen über einen Medienentwicklungsplan. Alle Schulen sind an das Glasfasernetz angeschlossen“, berichtet gpa-Projektleiterin Ute Ledebur über die festgestellten Prüfungsergebnisse. Wickede (Ruhr) sollte in Kooperation mit ihren Schulen jetzt ein IT-Sicherheitskonzept erstellen und daraus abgeleitete technische und organisatorische Maßnahmen umsetzen.
Die Anzahl von ordnungsbehördlichen Bestattungsfällen ist in Wickede (Ruhr) gering. „Die Gemeindeverwaltung hält bei der Durchführung von ordnungsbehördlichen Bestattungen die Bestimmungen aus dem Bestattungsgesetz NRW ein. Darüber hinaus hat sie verbindliche Regelungen und Verfahrensstandards entwickelt“, berichtet Sabine Ewald. Zur Verbesserung der Aufgabenwahrnehmung sollte die Gemeinde einen Rahmenvertrag ausschreiben, um einen günstigen Anbieter für die Bestattungen zu finden.
Die Bestattungskultur verändert sich. Die Nachfrage nach kleinen, pflegearmen und kostensparenden Grabstätten steigt. Auch in der Gemeinde Wickede (Ruhr) ist dieser Wandel mit Fakten zu belegen. Im Jahr 2021 liegt der Anteil der Urnenbestattungen bereits bei 70 Prozent. „Die sich aus diesem Wandel ergebenden Herausforderungen geht die Gemeinde aktiv an. Sie nutzt eine Fachsoftware und pflegt die vorhandenen Daten. Daneben werden die Friedhofsgebühren jährlich kalkuliert. Dennoch ist der Kostendeckungsgrad unterdurchschnittlich“, erläutert gpa-Prüferin Sabine Ewald. Konkrete gpa-Handlungsempfehlung: Die Ruhrtalgemeinde sollte für die verschiedenen Friedhofsflächen unterschiedliche Pflegestandards definieren, um dadurch Sanierungsstaus zu vermeiden.
„Die Gemeinde Wickede (Ruhr) wächst und hat stabile Gemeindefinanzen. Unser Prüfungsbericht zeigt zudem, dass die Gemeinde in den geprüften Bereichen sachgerecht und rechtmäßig verwaltet wird. Die Gemeindefinanzen sind durch Abwärtsrisiken - Ukraine-Krieg, Inflation, NullWachstum – gefährdet. So wie der Hochwasserschutz an der Ruhr aktuell verbessert wird, gilt es das kommunale Vermögen mit neuen Impulsen zu sichern. Wir bestärken Sie darin, auf dem Weg stabiler Gemeindefinanzen zu bleiben. Unser
Prüfungsbericht ist ein Werkzeugtool, der auf diesem Weg nützlich sein soll“, bekräftigt gpa-Präsident Michael Esken.
Bürgermeister Dr. Martin Michalzik erklärt zu den Ergebnissen der gpaNRW: Die Hinweise der GPA und der Dialog mit dem Team vor Ort sind wertvolle Impulse, die wir aufgreifen, um unsere Kommune weiterhin sachgerecht durch schwierige Zeiten zu steuern. Das gilt für Detailbereiche wie die ordnungsbehördlichen Bestattungen. Es trifft u.a. zu auf Einschätzungen zur Verfahrensorganisation wie bei der Vergabe, im Friedhofsbereich und bei der IT-Strategie für unsere Schulen.
Der Bericht dokumentiert auch den Spagat, den wir seit langem kommunalpolitisch meistern: Wickede hat schon lange einen relativ hohen Bestand an Darlehen. Nicht zuletzt die Geldmittel, die wir in Schulen eingesetzt haben, wirken hier stark hinein. Die GPA würdigt ausdrücklich, dass wir seit 2015 zum Teil deutlich Verbindlichkeiten abgebaut und Eigenkapital gestärkt haben. Zugleich haben wir aber weiterhin Reparatur- und Nachholbedarf bei Infrastrukturen wie Gebäuden und Straßen, den wir derzeit mit Projekten abarbeiten. Die Sanierungsprogramme für unsere Straßen und Kanäle und das Bürgerhaus gehören dazu, um das darin steckende Infrastrukturvermögen zu sichern und stärken.
Die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit aller Kreditaufnahmen bleibt weiterhin strenger Maßstab unseres Handelns von Rat und Verwaltung. Ohne Darlehen lassen sich wesentliche nötige Maßnahmen aber nicht wirtschaftlich zeitnah umsetzen und finanzieren, weil sonst Schäden und Kosten am Ende noch größer würden. In diesem Äbwägungs-Dilemma stecken heute alle Räte und Verwaltungen in den Städte und Gemeinden.
Ich habe bereits bei der Einbringung des Haushaltes 2024 eine Sonderklausur des Haushalts- und Finanzausschusses zu Perspektiven der mittelfristigen Finanzplanung vorgeschlagen und werde dazu im Frühjahr einladen. Dabei wollen wir auch den sachkundigen Rat der GPA weiterhin einbeziehen.
Info zur gpaNRW
Die gpaNRW ist Teil der staatlichen Aufsicht des Landes über die Kommunen und wurde im Jahr 2003 gegründet. Sie hat ihren Sitz in Herne. Ihr ist durch Gesetz und Gemeindeordnung die überörtliche Prüfung aller 396 Kommunen, der 30 Kreise sowie der Städteregion Aachen, der beiden Landschaftsverbände und des Regionalverbandes Ruhr (RVR) übertragen. Präsident der gpaNRW ist seit 15. September 2023 Bürgermeister a. D. Michael Esken. Die gpaNRW veröffentlicht ihre Prüfungsberichte auf ihrer Homepage unter www.gpa.nrw.de.